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Zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems (Neufassung)
Erwägungsgründe

Erwägungsgründe

RICHTLINIE (EU) 2020/262 DES RATES

vom 19. Dezember 2019

zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems

(Neufassung)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

  • gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,
  • auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
  • nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
  • nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),
  • nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),
  • gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

  1. Die Richtlinie 2008/118/EG des Rates(3) wurde mehrfach in wesentlichen Punkten geändert. Da noch weitere Änderungen vorgenommen werden müssen, empfiehlt es sich aus Gründen der Klarheit, diese Richtlinie neu zu fassen.
  2. Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, müssen die Voraussetzungen für die Erhebung von Verbrauchsteuern auf Waren, die der Richtlinie 2008/118/EG unterliegen, harmonisiert bleiben.
  3. Es sind diejenigen verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu nennen, auf die die vorliegende Richtlinie anwendbar ist; hierbei ist Bezug zu nehmen auf die Richtlinien 92/83/EWG(4), 92/84/EWG(5), 2003/96/EG(6) und 2011/64/EU(7) des Rates.
  4. Auf verbrauchsteuerpflichtige Waren können für besondere Zwecke andere indirekte Steuern erhoben werden. Um die Wirksamkeit der Unionsregelungen im Bereich der indirekten Steuern in solchen Fällen nicht zu gefährden, sollten die Mitgliedstaaten bestimmte wesentliche Kernpunkte dieser Regelungen berücksichtigen.
  5. Um den freien Warenverkehr zu gewährleisten, sollte die Besteuerung anderer als verbrauchsteuerpflichtiger Waren keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen.
  6. Die Durchführung bestimmter Formalitäten muss gewährleistet sein, wenn verbrauchsteuerpflichtige Waren zwischen Gebieten, die zwar als Teil des Zollgebiets der Union gelten, aber vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen wurden, und Gebieten befördert werden, auf die die vorliegende Richtlinie anwendbar ist.
  7. Da es nach wie vor für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, dass der Begriff der Verbrauchsteuer und die Voraussetzungen für die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs in allen Mitgliedstaaten gleich sind, muss auf Unionsebene klargestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt und wer der Verbrauchssteuerschuldner ist.
  8. Da die Verbrauchsteuer auf den Verbrauch von Waren erhoben wird, sollte sie nicht auf verbrauchsteuerpflichtige Waren erhoben werden, die unter bestimmten Umständen vollständig zerstört wurden oder unwiederbringlich verloren gegangen sind.
  9. Neben der vollständigen Zerstörung oder dem unwiederbringlichen Verlust von Waren kann es je nach der Beschaffenheit der Waren auch zu Teilverlusten kommen. Außer unter gebührend begründeten Umständen sollten für diese Teilverluste keine Steuern erhoben werden, sofern die Verluste die vorab festgelegten gemeinsamen Schwellenwerte für Teilverluste nicht überschreiten.
  10. In dem Fall, dass während einer Beförderung unter Steueraussetzung ein unbeabsichtigter Überschuss an Waren entdeckt wird, sollten die Mitgliedstaaten gestatten können, dass der Überschuss an Waren unter Steueraussetzung in ein Steuerlager verbracht wird.
  11. Um unionsweit eine einheitliche Behandlung von Teilverlusten zu gewährleisten, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechtsakte hinsichtlich der Festlegung der gemeinsamen Schwellenwerte für Teilverluste zu erlassen. Bei der Festlegung dieser Schwellenwerte sollte die Kommission vor allem Aspekte berücksichtigen, die die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Waren betreffen (etwa die Beschaffenheit verbrauchsteuerpflichtiger Waren, insbesondere von Energieerzeugnissen (Volatilität), die Umgebungstemperatur während der Beförderung, die Beförderungsstrecke oder die Beförderungsdauer). Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(8) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte befasst sind.
  12. Da sich die Verfahren für die Erhebung und die Erstattung der Steuer auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, sollten sie sich nach nicht diskriminierenden Kriterien richten.
  13. Im Falle einer Unregelmäßigkeit bei Beförderungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung sollte die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat erhoben werden, in dessen Gebiet die Unregelmäßigkeit begangen wurde, die zur Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr geführt hat, oder — falls der Ort, an dem die Unregelmäßigkeit begangen wurde, nicht festgestellt werden kann — in dem Mitgliedstaat, in dem die Unregelmäßigkeit entdeckt wurde. Treffen die verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht an ihrem Bestimmungsort ein und wurde keine Unregelmäßigkeit festgestellt, so gilt die Unregelmäßigkeit als im Abgangsmitgliedstaat begangen.
  14. Zusätzlich zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen Erstattungsfällen sollten die Mitgliedstaaten Verbrauchsteuern, die auf bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Waren gezahlt wurden, erstatten, sofern das Ziel dieser Richtlinie dies erfordert.
  15. Die Bestimmungen und Voraussetzungen für die Befreiung von Lieferungen von der Verbrauchsteuer sollten harmonisiert bleiben. Für steuerfreie Lieferungen an Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten sollte eine Freistellungsbescheinigung verwendet werden.
  16. Um einheitliche Bedingungen für die Form der Freistellungsbescheinigung zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) ausgeübt werden.
  17. Die Fälle, in denen steuerbefreite Verkäufe an Reisende, die das Gebiet der Union verlassen, zulässig sind, sollten klar festgelegt werden, um Steuerhinterziehung und Betrug zu vermeiden. Da sich Personen, die auf dem Landweg reisen, im Vergleich zu Flug- oder Schiffsreisenden häufiger und freier bewegen können, ist das Risiko der Nichtbeachtung der Bedingungen der Abgaben- und Steuerfreiheit für Einfuhren durch den Reisenden und folglich der Kontrollaufwand für die Zollbehörden im Fall einer Reise auf dem Landweg deutlich höher. Verbrauchsteuerfreie Verkäufe an den Landgrenzen sollten daher nicht zulässig sein.
  18. Da in Herstellungs- und Lagerstätten Kontrollen durchgeführt werden müssen, um die Einziehung der Steuern sicherzustellen, sollte zur Erleichterung solcher Kontrollen ein System behördlich zugelassener Lager unterhalten werden. Es sollte gelten, dass das Inbesitzhalten oder die Lagerung verbrauchsteuerpflichtiger Waren den physischen Besitz dieser Waren voraussetzt.
  19. Es sollten auch die Verpflichtungen festgelegt werden, die zugelassene Lagerinhaber und Wirtschaftsbeteiligte zu erfüllen haben, denen keine Zulassung zum Betrieb eines Steuerlagers erteilt wurde.
  20. Es sollte möglich sein, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren vor ihrer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr innerhalb der Union unter Steueraussetzung befördert werden. Solche Beförderungen von einem Steuerlager zu verschiedenen Bestimmungsorten, insbesondere zu einem anderen Steuerlager, aber auch zu im Sinne dieser Richtlinie gleichgestellten Bestimmungsorten, sollten zulässig sein.
  21. Die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Aussetzung der Steuer sollte auch vom Ort der Einfuhr zu diesen Bestimmungsorten zulässig sein, weshalb der Status der Person geregelt werden sollte, die die Waren von diesem Ort der Einfuhr aus versenden, sie jedoch nicht lagern darf.
  22. Um sicherzustellen, dass die Bestimmung über das Ende der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung ordnungsgemäß angewandt wird, sollte näher bestimmt werden, dass die Beförderung dann endet, wenn der Empfänger in der Lage ist, genau zu wissen, welche Menge an Waren er tatsächlich empfangen hat. Die Entladung der Waren und ihre Erfassung in den Büchern können als Beleg für das Ende der Beförderung dienen.
  23. Um die Inanspruchnahme des externen Versandverfahrens nach dem Ausfuhrverfahren zu ermöglichen, sollte die Ausgangszollstelle ein möglicher Bestimmungsort für eine Beförderung im Verfahren der Steueraussetzung werden. Der Zeitpunkt, zu dem das Verfahren der Steueraussetzung in diesem Fall endet, sollte angegeben werden. Es sollte festgelegt werden, dass die zuständigen Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats die Ausfuhrmeldung auf der Grundlage der Ausgangsbestätigung ausfüllen sollten, die die Ausgangszollstelle der Ausfuhrzollstelle zu Beginn des externen Versandverfahrens übersendet. Damit die verbrauchsteuerpflichtigen Waren gemäß dieser Richtlinie im Rahmen des externen Versandverfahrens abgewickelt werden können, wurde Artikel 189 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission(10) durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/1063 der Kommission(11) geändert. Folglich sollten auch verbrauchsteuerpflichtige Waren der Union in das externe Versandverfahren überführt werden dürfen.
  24. Damit die zuständigen Behörden bei der Einfuhr die Übereinstimmung zwischen dem elektronischen Verwaltungsdokument und der Zollanmeldung gewährleisten können, wenn in den zollrechtlich freien Verkehr überführte verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung vom Ort der Einfuhr befördert werden, sollten die Angaben über den Versender und den Empfänger sowie der Nachweis, dass die eingeführten Waren aus dem Einfuhrmitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat versandt werden, von der Person vorgelegt werden, die die verbrauchsteuerpflichtigen Waren zur Einfuhr bei den zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats anmeldet.
  25. Um die Zahlung der Verbrauchsteuern im Falle der Nichterledigung der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten die Leistung einer Sicherheit verlangen, die von dem zugelassenen Lagerinhaber als Versender oder dem registrierten Versender oder, sofern der Abgangsmitgliedstaat dies genehmigt, von einer anderen an der Warenbeförderung beteiligten Person nach Maßgabe der von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen zu erbringen ist.
  26. Mehrere Mitgliedstaaten gewähren bereits eine Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Beförderung von Energieerzeugnissen durch feste Rohrleitungen, da diese Art der Beförderung ein sehr geringes steuerliches Risiko darstellt. Um in solchen Fällen die Anforderungen an die Leistung einer Sicherheit zu harmonisieren, ist es angezeigt, in allen Mitgliedstaaten auf die Sicherheitsleistung für die Beförderung von Energieerzeugnissen durch feste Rohrleitungen zu verzichten.
  27. Um eine rasche Erledigung der notwendigen Formalitäten zu gewährleisten und die Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung zu erleichtern, ist es angemessen, zum Austausch elektronischer Verwaltungsdokumente zwischen den betreffenden Personen und zuständigen Behörden das EDV-gestützte System nach dem Beschluss (EU) 2020/263 des Europäischen Parlaments und des Rates(12) (im Folgenden EDV-gestützte System) einzusetzen.
  28. Um sicherzustellen, dass die im Zusammenhang mit der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung verwendeten Dokumente in allen Mitgliedstaaten leicht verständlich sind und über das EDV-gestützte System verarbeitet werden können, auch wenn das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht, sollte der Kommission gemäß Artikel 290 AEUV die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte zur Festlegung der Struktur und des Inhalts dieser Dokumente zu erlassen.
  29. Um einheitliche Bedingungen für das Ausfüllen, die Aufmachung und die Übermittlung von Dokumenten zu gewährleisten, die im Zusammenhang mit der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung verwendet werden — darunter auch in Fällen, in denen das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht —, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.
  30. Es ist angezeigt das Verfahren festzulegen, nach dem die Wirtschaftsbeteiligten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten des Abgangs und der Bestimmung über Sendungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren informieren. Dabei sollte der Situation bestimmter Empfänger, die nicht an das EDV-gestützte System angeschlossen sind, aber dennoch unter Steueraussetzung beförderte Waren erhalten können, auf angemessene Weise Rechnung getragen werden.
  31. Um die reibungslose Anwendung der Bestimmungen über die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung zu gewährleisten, sollten die Bestimmungen über Beginn und Ende der Beförderung sowie über die Wahrnehmung der damit verbundenen Zuständigkeiten präzisiert werden.
  32. Damit die zuständigen Behörden die Übereinstimmung zwischen dem elektronischen Verwaltungsdokument und der Zollanmeldung bei der Ausfuhr gewährleisten können, wenn verbrauchsteuerpflichtige Waren unter Steueraussetzung befördert werden, bevor sie aus dem Gebiet der Union verbracht werden, sollte die Person, die die verbrauchsteuerpflichtigen Waren zur Ausfuhr anmeldet, die zuständigen Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats über den einzigen administrativen Referenzcode informieren.
  33. Damit der Abgangsmitgliedstaat geeignete Maßnahmen treffen kann, sollte die zuständige Behörde des Ausfuhrmitgliedstaats die zuständige Behörde des Abgangsmitgliedstaats über alle während der Ausfuhr aufgetretenen Unregelmäßigkeiten oder die Tatsache unterrichten, dass die Waren nicht mehr aus dem Gebiet der Union verbracht werden.
  34. Damit der Versender einen neuen Bestimmungsort für die verbrauchsteuerpflichtigen Waren festlegen kann, sollte der Abgangsmitgliedstaat dem Versender mitteilen, dass die Waren nicht mehr aus dem Gebiet der Union verbracht werden.
  35. Um die Möglichkeit zu verbessern, während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren Kontrollen durchzuführen, sollte die Person, die die verbrauchsteuerpflichtigen Waren begleitet, oder, wenn es keine Begleitperson gibt, der Beförderer in der Lage sein, den zuständigen Behörden den einzigen administrativen Referenzcode — egal in welcher Form — zu übermitteln, damit sie Einzelheiten zu den verbrauchsteuerpflichtigen Waren abrufen können.
  36. Es sind die Verfahren festzulegen, nach denen vorzugehen ist, falls das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht.
  37. Um die Verfahren nach der vorliegenden Richtlinie an die in Artikel 335 Absatz 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission(13) vorgesehenen anzugleichen und die Anerkennung alternativer Ausgangsnachweise im Abgangsmitgliedstaat zu vereinfachen, sollte eine Mindestliste standardmäßiger alternativer Ausgangsnachweise erstellt werden, die belegen, dass die Waren aus dem Gebiet der Union verbracht wurden.
  38. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, für Beförderungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung, die ausschließlich in ihrem Gebiet erfolgen, eine besondere Regelung vorzusehen, oder zur Vereinfachung der Verfahren bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen mit anderen Mitgliedstaaten zu schließen. Mitgliedstaaten, die keine Vertragsparteien von bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen sind, sollten nicht verpflichtet sein, einer besonderen Regelung, die im Rahmen einer solchen Vereinbarung vorgesehen wurde, zuzustimmen.
  39. Es ist angebracht, die Besteuerungs- und die Verfahrensregeln für die Beförderung von Waren, für die in einem Mitgliedstaat bereits Verbrauchsteuern entrichtet wurden zu präzisieren, ohne deren grundsätzlichen Aufbau zu ändern.
  40. Werden verbrauchsteuerpflichtige Waren von Privatpersonen für ihren Eigenbedarf erworben und von diesen vom Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht, so sollten die Verbrauchsteuern nach dem Grundprinzip des Binnenmarkts im Mitgliedstaat des Erwerbs der verbrauchsteuerpflichtigen Waren entrichtet werden.
  41. Die Verbrauchsteuersätze für Tabakerzeugnisse und alkoholische Getränke, die von den Mitgliedstaaten angewandt werden, weisen aufgrund einer Reihe von Faktoren wie beispielsweise die Steuerpolitik und die Politik im Bereich der öffentlichen Gesundheit Unterschiede auf, die in einigen Fällen erheblich sind. In diesem Kontext sollten die Mitgliedstaaten die Risiken, die Steuerbetrug, Steuervermeidung oder Steuermissbrauch erleichtern, die öffentliche Ordnung oder den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen bedrohen oder untergraben, eindämmen können. Daher sollten die Mitgliedstaaten angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen können, die sie in die Lage versetzen, festzustellen, ob verbrauchsteuerpflichtige Waren, die durch eine Privatperson vom Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats befördert wurden, von dieser Privatperson für ihren Eigenbedarf erworben wurden.
  42. Werden verbrauchsteuerpflichtige Waren nach ihrer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Überführung erfolgte, zu gewerblichen Zwecken geliefert, ist es erforderlich festzulegen, dass die Verbrauchsteuer in diesem zweiten Mitgliedstaat zu entrichten ist. Hierzu ist es insbesondere erforderlich, den Begriff geliefert zu gewerblichen Zwecken zu definieren.
  43. Das derzeit für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung genutzte EDV-gestützte System sollte auf die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren ausgedehnt werden, die im Gebiet eines Mitgliedstaats in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden sind und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht werden, um dort zu gewerblichen Zwecken geliefert zu werden. Die Nutzung dieses EDV-gestützten Systems wird die Überwachung dieser Beförderungen vereinfachen und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten.
  44. Werden verbrauchsteuerpflichtige Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr im Gebiet eines Mitgliedstaats überführt und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht, um dort zu gewerblichen Zwecken geliefert zu werden, ist es angezeigt klarzustellen, wer zur Zahlung der Steuer verpflichtet ist und wann der Steueranspruch entsteht.
  45. Um unnötige Investitionen zu vermeiden, sollte die Umstellung auf EDV der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die im Gebiet eines Mitgliedstaats in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zur Lieferung zu gewerblichen Zwecken verbracht werden, so erfolgen, dass die bestehenden Regelungen für Beförderungen unter Steueraussetzung so weitgehend wie möglich genutzt werden. Zu diesem Zweck und zur Erleichterung solcher Verbringungen sollten die Sicherheitsleistungen für diese Beförderungen an jene für Beförderungen unter Steueraussetzung angepasst werden, um die Auswahl der Sicherheitsleistenden zu erweitern.
  46. Um die bestehende Registrierung von Wirtschaftsbeteiligten, die mit Verfahren der Steueraussetzung befasst sind, zu erleichtern, müssen ein Steuerlager und ein registrierter Versender die Möglichkeit erhalten, nach Mitteilung an die zuständigen Behörden des Abgangsmitgliedstaats als zertifizierter Versender für verbrauchsteuerpflichtige Waren zu fungieren, die in den steuerrechtlich freien Verkehr im Gebiet eines Mitgliedstaats überführt und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht werden, um dort zu gewerblichen Zwecken geliefert zu werden. Gleichzeitig sollte ein Steuerlager oder ein registrierter Empfänger in der Lage sein, als zertifizierter Empfänger für diese verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu fungieren.
  47. Es sind die Verfahren festzulegen, nach denen vorzugehen ist, falls das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht und ein Ausfalldokument zu verwenden ist.
  48. Um der Vereinfachung willen sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Vereinbarungen eine besondere Regelung für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren vorzusehen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt und in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zur Lieferung zu gewerblichen Zwecken verbracht werden. Mitgliedstaaten, die keine Vertragsparteien von bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen sind, sollten nicht verpflichtet sein, einer besonderen Regelung, die im Rahmen einer solchen Vereinbarung zustande kam, zuzustimmen.
  49. Um sicherzustellen, dass die im Zusammenhang mit der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die zu gewerblichen Zwecken geliefert werden sollen, verwendeten Dokumente in allen Mitgliedstaaten leicht verständlich sind und über das EDV-gestützte System verarbeitet werden können, auch wenn das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht, sollte der Kommission gemäß Artikel 290 AEUV die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte zur Festlegung der Struktur und des Inhalts dieser Dokumente zu erlassen.
  50. Um einheitliche Bedingungen für das Ausfüllen, die Aufmachung und die Übermittlung von Dokumenten zu gewährleisten, die im Zusammenhang mit der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die zu gewerblichen Zwecken geliefert werden sollen, verwendet werden — darunter auch in Fällen, in denen das EDV-gestützte System nicht zur Verfügung steht —, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.
  51. Werden verbrauchsteuerpflichtige Waren von Personen erworben, die keine zugelassenen Lagerinhaber oder registrierten Empfänger sind und die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, und werden diese Waren von einem Versender versandt oder befördert, der eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, oder der die Waren in eigenem Namen versendet oder befördert, so sollten die Verbrauchsteuern im Bestimmungsmitgliedstaat entrichtet werden. Das vom Versender zur Zahlung der Verbrauchsteuer einzuhaltende Verfahren sollte festgelegt werden. Um die Zahlung im Bestimmungsmitgliedstaat sicherzustellen, sollte der Versender oder sein Steuervertreter bei der hierfür eigens bestimmten zuständigen Stelle seine Identität registrieren und eine Sicherheit für die Entrichtung der Verbrauchsteuern nach den vom Bestimmungsmitgliedstaat festgelegten Bedingungen leisten. Um diese Regelung zu erleichtern, sollte der Versender entscheiden können, ob er einen Steuervertreter einsetzt, um die Voraussetzungen für die Registrierung und die Zahlung der Sicherheitsleistung zu erfüllen. Erfüllt weder der Versender noch der Steuervertreter diese Voraussetzungen, so sollte der Empfänger zur Zahlung der Verbrauchsteuern im Bestimmungsmitgliedstaat verpflichtet sein.
  52. Um Interessenkonflikte zwischen Mitgliedstaaten und Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn bereits im Gebiet eines Mitgliedstaats in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte verbrauchsteuerpflichtige Waren innerhalb der Union befördert werden, sollten Bestimmungen für die Fälle festgelegt werden, in denen nach der Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr Unregelmäßigkeiten auftreten.
  53. Mitgliedstaaten sollte es erlaubt sein festzulegen, dass in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Waren mit Steuerzeichen oder mit nationalen Erkennungszeichen versehen sind. Die Verwendung solcher Steuer- bzw. Erkennungszeichen sollte keine Hemmnisse für den Handel innerhalb der Union schaffen. Da die Verwendung dieser Steuer- bzw. Erkennungszeichen nicht zu einer Doppelbesteuerung führen darf, sollte klargestellt werden, dass der Mitgliedstaat, der die Zeichen ausgegeben hat, jeden Betrag, der dafür bezahlt oder als Sicherheit geleistet wurde, erstattet, erlässt oder freigibt, wenn die Steuerschuld in einem anderen Mitgliedstaat entstanden ist und dort auch eingezogen wurde. Um allerdings jede Form des Missbrauchs zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten, die diese Steuer- bzw. Erkennungszeichen ausgegeben haben, die Erstattung, den Erlass oder die Freigabe davon abhängig machen, dass ein Nachweis für die Entfernung oder Zerstörung der Zeichen erbracht wird.
  54. Die regulären Verpflichtungen hinsichtlich der Beförderung und Überwachung verbrauchsteuerpflichtiger Waren können für kleine Weinerzeuger einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, diese Erzeuger von bestimmten Verpflichtungen freizustellen.
  55. Es ist zu berücksichtigen, dass in Bezug auf verbrauchsteuerpflichtige Waren, die der Versorgung von Schiffen und Luftfahrzeugen dienen, bisher keine geeignete gemeinsame Herangehensweise gefunden wurde.
  56. Hinsichtlich verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die für den Bau und die Instandhaltung von Grenzbrücken zwischen Mitgliedstaaten verwendet werden, sollte es den betreffenden Mitgliedstaaten erlaubt sein, Maßnahmen zu erlassen, die von den normalen Vorschriften und Verfahren für vom Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats beförderte verbrauchsteuerpflichtige Waren abweichen, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.
  57. Um eine Phase der Anpassung an das System zur elektronischen Kontrolle der Beförderung von Waren zu ermöglichen, sollte Mitgliedstaaten ein Übergangszeitraum zugestanden werden, innerhalb dessen eine solche Beförderung weiterhin unter Einhaltung der in der Richtlinie 2008/118/EG festgelegten Formalitäten zugelassen ist.
  58. Da das mit der vorliegenden Richtlinie angestrebte Ziel, nämlich für bestimmte Aspekte der Verbrauchsteuern gemeinsame Regelungen zu schaffen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Auswirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
  59. Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zur bisherigen Richtlinie inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus den bisherigen Richtlinien.
  60. Die vorliegende Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang I Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in nationales Recht und des Zeitpunkts ihrer Anwendung unberührt lassen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: