Erwägungsgründe
VERORDNUNG (EU) Nr. 604/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 26. Juni 2013
zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
- gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e,
- auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
- nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
- nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(2),
- gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- Die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist(4), muss in einigen wesentlichen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt sich eine Neufassung der Verordnung.
- Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen.
- Der Europäische Rat ist auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere übereingekommen, auf ein GEAS hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 (im Folgenden Genfer Abkommen) stützt, damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt und niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. In dieser Hinsicht gelten unbeschadet der in dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriterien die Mitgliedstaaten, die alle den Grundsatz der Nichtzurückweisung achten, als sichere Staaten für Drittstaatsangehörige.
- Entsprechend den Schlussfolgerungen von Tampere sollte das GEAS auf kurze Sicht eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats umfassen.
- Eine solche Formel sollte auf objektiven und für die Mitgliedstaaten und die Betroffenen gerechten Kriterien basieren. Sie sollte insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden.
- Die erste Phase auf dem Weg zu einem GEAS, das auf längere Sicht zu einem gemeinsamen Verfahren und einem unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen internationaler Schutz gewährt wird, führen soll, ist nun abgeschlossen. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 4. November 2004 das Haager Programm angenommen, das die Ziele für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorgab, die im Zeitraum 2005–2010 erreicht werden sollten. Im Haager Programm wurde die Europäische Kommission aufgefordert, die Bewertung der Rechtsakte aus der ersten Phase abzuschließen und dem Europäischen Parlament und dem Rat die Rechtsakte und Maßnahmen der zweiten Phase so vorzulegen, dass sie vor Ende 2010 angenommen werden können.
- Im Programm von Stockholm hat der Europäische Rat sein Ziel bekräftigt, bis spätestens 2012 gemäß Artikel 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, einen gemeinsamen Raum des Schutzes und der Solidarität zu errichten. Außerdem betonte er, dass das Dublin-System weiterhin ein zentrales Element beim Aufbau des GEAS bildet, da es die Zuständigkeit für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zwischen den Mitgliedstaaten eindeutig zuweist.
- Die Mittel des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO), das durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) errichtet wurde, sollten dafür bereitstehen, den einschlägigen Dienststellen der für die Durchführung dieser Verordnung zuständigen Mitgliedstaaten angemessene Unterstützung zu leisten. Insbesondere sollte das EASO für Solidaritätsmaßnahmen wie den Asyl–Einsatzpool mit Asyl-Unterstützungsteams Sorge tragen, die diejenigen Mitgliedstaaten unterstützen, die sich einem besonderen Druck gegenübersehen und den Personen, die internationalen Schutz beantragen (im Folgenden Antragsteller), keine angemessenen Bedingungen insbesondere hinsichtlich der Aufnahme und des Schutzes bieten können.
- Angesichts der Bewertungsergebnisse in Bezug auf die Umsetzung der Instrumente der ersten Phase empfiehlt es sich in dieser Phase, die der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zugrunde liegenden Prinzipien zu bestätigen und angesichts der bisherigen Erfahrungen gleichzeitig die notwendigen Verbesserungen mit Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems und den auf der Grundlage dieses Systems gewährten Schutz der Antragstellener vorzunehmen. Da ein gut funktionierendes Dublin-System für das GEAS von großer Bedeutung ist, sollten seine Grundlagen und seine Funktionsweise im Zuge des Aufbaus anderer Instrumente des GEAS und der Solidarität der Union überprüft werden. Es sollte ein umfassender Eignungstest, d. h. eine faktengestützte Überprüfung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Dublin-Systems, einschließlich seiner Auswirkungen auf die Grundrechte durchgeführt werden.
- Zur Wahrung der Gleichbehandlung aller Personen, die internationalen Schutz beantragt haben oder genießen, und der Übereinstimmung mit dem geltenden Asylrecht der Union, insbesondere mit der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes(6) umfasst der Anwendungsbereich dieser Verordnung Personen, mit Anrecht auf subsidiären Schutz.
- Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen(7) sollte vorbehaltlich der Einschränkungen der Anwendung jener Richtlinie auf das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach Maßgabe dieser Verordnung Anwendung finden.
- Die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes(8) sollte zusätzlich und unbeschadet der Bestimmungen über die in dieser Verordnung geregelten Verfahrensgarantien vorbehaltlich der Beschränkungen der Anwendung dieser Richtlinie gelten.
- Bei der Anwendung dieser Verordnung sollte das Wohl des Kindes im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989 und mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein. Bei der Beurteilung des Wohls des Kindes sollten die Mitgliedstaaten insbesondere das Wohlbefinden und die soziale Entwicklung des Minderjährigen, Erwägungen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr und den Willen des Minderjährigen unter Berücksichtigung seiner Alters und seiner Reife, einschließlich seines Hintergrunds, berücksichtigen. Darüber hinaus sollten für unbegleitete Minderjährige aufgrund ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit spezielle Verfahrensgarantien festgelegt werden.
- Im Einklang mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sollte die Achtung des Familienlebens eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein, wenn sie diese Verordnung anwenden.
- Mit der gemeinsamen Bearbeitung der von den Mitgliedern einer Familie gestellten Anträge auf internationalen Schutz durch ein und denselben Mitgliedstaat kann sichergestellt werden, dass die Anträge sorgfältig geprüft werden, diesbezügliche Entscheidungen kohärent sind und dass die Mitglieder einer Familie nicht voneinander getrennt werden.
- Um die uneingeschränkte Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und des Wohl des Kindes zu gewährleisten, sollte ein zwischen einem Antragsteller und seinem Kind, einem seiner Geschwister oder einem Elternteil bestehendes Abhängigkeitsverhältnis, das durch Schwangerschaft oder Mutterschaft, durch den Gesundheitszustand oder hohes Alter des Antragstellers begründet ist, als ein verbindliches Zuständigkeitskriterium herangezogen werden. Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen, der einen Familienangehörigen oder Verwandten in einem anderen Mitgliedstaat hat, der für ihn sorgen kann, so sollte dieser Umstand ebenfalls als ein verbindliches Zuständigkeitskriterium gelten.
- Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere aus humänitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen können, um Familienangehörige, Verwandte oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, und einen bei ihm oder einem anderen Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie für eine solche Prüfung nach den in dieser Verordnung festgelegten verbindlichen Zuständigkeitskriterien nicht zuständig sind.
- Um die Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern, sollte ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller geführt werden. Der Antragsteller sollte unmittelbar bei der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz über die Anwendung dieser Verordnung und über die Möglichkeit informiert werden, bei dem Gespräch Angaben über die Anwesenheit von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung in den Mitgliedstaaten zu machen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern.
- Um einen wirksamen Schutz der Rechte der Betroffenen zu gewährleisten, sollten im Einklang insbesondere mit Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Rechtsgarantien und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Überstellungsentscheidungen festgeschrieben werden. Um die Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen, sollte ein wirksamer Rechtsbehelf gegen diese Entscheidungen sowohl die Prüfung der Anwendung dieser Verordnung als auch die Prüfung der Rechts- und Sachlage in dem Mitgliedstaat umfassen, in den der Antragsteller überstellt wird.
- Die Inhaftnahme von Antragstellern sollte nach dem Grundsatz erfolgen, wonach eine Person nicht allein deshalb in Haft genommen werden darf, weil sie um internationalen Schutz nachsucht. Die Haft sollte so kurz wie möglich dauern und den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen. Insbesondere muss die Inhaftnahme von Antragstellern im Einklang mit Artikel 31 der Genfer Konvention stehen. Die in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in Bezug auf eine in Haft genommene Person sollten vorrangig schnellstmöglich angewandt werden. Hinsichtlich der allgemeinen Garantien sowie der Bedingungen für die Inhaftnahme sollten die Mitgliedstaaten gegebenenfalls die Bestimmungen der Richtlinie 2013/33/EU auch auf Personen anwenden, die aufgrund dieser Verordnung in Haft genommen wurden.
- Mängel in Asylsystemen oder gar der Zusammenbruch von Asylsystemen, die häufig dadurch verschlimmert oder mitverursacht werden, dass die Asylsysteme besonderem Druck ausgesetzt sind, können das reibungslose Funktionieren des mit dieser Verordnung eingeführten Systems beeinträchtigen, was dazu führen könnte, dass die im Asylrecht der Union und in der Grundrechtecharta der Europäischen Union sowie in anderen internationalen Menschenrechts- und Flüchtlingsrechtsverpflichtungen niedergelegten Rechte der Antragsteller verletzt werden könnten.
- Ein Prozess für Frühwarnung, Vorsorge und Bewältigung von Asylkrisen, mit dem eine Verschlechterung in oder der Zusammenbruch von Asylsystemen verhindert werden sollen, wobei das EASO in Ausübung seiner Befugnisse aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 eine Schlüsselrolle spielt, sollte geschaffen werden, um eine tragfähige Zusammenarbeit im Rahmen dieser Verordnung sicherzustellen und das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Asylpolitik zu stärken. Ein derartiger Prozess sollte gewährleisten, dass die Union sobald wie möglich über Bedenken alarmiert wird, wenn Anlass zur Sorge besteht, dass das reibungslose Funktionieren des mit dieser Verordnung geschaffenen Systems infolge des besonderen Drucks auf ein Asylsystem eines oder mehrerer Mitgliedstaaten und/oder der Mängel, die Asylsysteme eines oder mehrerer Mitgliedstaaten aufweisen, beeinträchtigt ist. Mit einem derartigen Prozess könnte die Union frühzeitig Vorbeugemaßnahmen fördern und derartigen Situationen die entsprechende politische Aufmerksamkeit schenken. Solidarität, die ein Kernelement des GEAS bildet, geht Hand in Hand mit gegenseitigem Vertrauen. Durch die Steigerung dieses Vertrauens könnte der Prozess für Frühwarnung, Vorsorge und Bewältigung von Asylkrisen die Lenkung konkreter Maßnahmen echter und praktischer Solidarität gegenüber Mitgliedstaaten verbessern, um den betroffenen Mitgliedstaaten im Allgemeinen und den Antragstellern im Besonderen zu helfen. Gemäß Artikel 80 AEUV sollten die Rechtsakte der Union, immer wenn dies erforderlich ist, entsprechende Maßnahmen für die Anwendung des Solidaritätsgrundsatzes enthalten und der Prozess sollte durch derartige Maßnahmen flankiert werden. Die vom Rat am 8. März 2012 angenommenen Schlussfolgerungen über einen gemeinsamen Rahmen für echte und praktische Solidarität gegenüber Mitgliedstaaten, deren Asylsysteme besonderem Druck, einschließlich durch gemischte Migrationsströme, ausgesetzt sind, stellen ein Instrumentarium aus bereits bestehenden und potenziellen neuen Maßnahmen dar, das im Rahmen eines Mechanismus für Frühwarnung, Vorsorge und Bewältigung von Asylkrisen Beachtung finden sollte.
- Die Mitgliedstaaten sollten mit dem EASO bei der Zusammenstellung von Informationen über ihre Fähigkeit, besonderen Druck auf ihre Asyl- und Aufnahmesystemen zu bewältigen, insbesondere im Rahmen der Durchführung dieser Verordnung zusammenarbeiten. Das EASO sollte regelmäßig über die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 gesammelten Informationen Bericht erstatten.
- Überstellungen in den für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat können entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission(9) auf freiwilliger Basis, in Form der kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollten sich durch entsprechende Information des Antragstellers für Überstellungen auf freiwilliger Basis einsetzen und sicherstellen, dass Überstellungen in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung in humaner Weise und in voller Übereinstimmung mit den Grundrechten und unter Achtung der Menschenwürde sowie dem Wohl des Kindes und unter weitestgehender Berücksichtigung der Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung, inbesondere hinsichtlich Überstellungen aus humanitären Gründen, vorgenommen werden.
- Der schrittweise Aufbau eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personenverkehr gemäß den Bestimmungen des AEUV gewährleistet wird, sowie die Festsetzung der Unionspolitiken zu den Einreise- und Aufenthaltsbedingungen einschließlich allgemeiner Anstrengungen zur Verwaltung der Außengrenzen erfordern ausgewogene, im Geiste der Solidarität anzuwendende Zuständigkeitskriterien.
- Für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Mitgliedstaaten nach dieser Verordnung gilt die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(10).
- Der Austausch von personenbezogenen einschließlich sensibler Daten über die Gesundheit eines Antragstellers vor einer Überstellung wird gewährleisten, dass die zuständigen Asylbehörden in der Lage sind, Antragstellern eine angemessene Unterstützung zukommen zu lassen und die Kontinuität des Schutzes und der ihnen zustehenden Rechte zu gewährleisten. Der Schutz der Daten von Antragstellern, die in einen anderen Mitgliedstaat überstellt werden, sollte nach Maßgabe der Richtlinie 95/46/EG geregelt werden.
- Die Anwendung dieser Verordnung kann dadurch erleichtert und ihre Wirksamkeit erhöht werden, dass die Mitgliedstaaten bilaterale Vereinbarungen treffen, die darauf abzielen, die Kommunikation zwischen den zuständigen Dienststellen zu verbessern, die Verfahrensfristen zu verkürzen, die Bearbeitung von Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchen zu vereinfachen oder Modalitäten für die Durchführung von Überstellungen festzulegen.
- Die Kontinuität zwischen dem in der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 festgelegten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und dem in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren sollte sichergestellt werden. Außerdem sollte die Kohärenz zwischen dieser Verordnung und der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Strafverfolgung dienende Anträge der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten(11) sichergestellt werden.
- Die Anwendung dieser Verordnung soll durch das Eurodac-System, das mit Verordnung (EU) Nr. 603/2013 eingerichtet worden ist, erleichtert werden.
- Das Visa-Informationssystem, das mit Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt(12) eingerichtet worden ist, und insbesondere die Anwendung der Artikel 21 und 22, sollen die Anwendung dieser Verordnung ebenfalls erleichtern.
- In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Verordnung fallen, sind die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Instrumenten einschließlich der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebunden.
- Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(13), ausgeübt werden.
- Das Prüfungsverfahren sollte verwendet werden für die Annahme einer gemeinsamen Informationsbroschüre über Dublin/Eurodac sowie einer speziellen Informationsbroschüre für unbegleitete Minderjährige; eines Standardformblatts für den Austausch einschlägiger Information über unbegleitete Minderjährige; einheitlicher Bedingungen für die Abfrage und den Austausch von Informationen über Minderjährige und abhängige Personen; einheitlicher Bedingungen für die Vorbereitung und die Übermittlung von Aufnahme- und Wiederaufnahmegesuchen; zweier Verzeichnisse mit Beweismitteln und Indizien für ein Aufnahmegesuch, und deren regelmäßiger Überprüfung; eines Laissez-passer; einheitlicher Bedingungen für die Abfrage und den Austausch von Information über Überstellungen; eines Standardformblatts für den Datenaustausch vor einer Überstellung; einer gemeinsamen Gesundheitsbescheinigung; einheitlicher Bedingungen und praktischer Vorkehrungen für den Austausch von Gesundheitsdaten einer Person vor einer Überstellung und gesicherter elektronischer Übermittlungskanäle für Gesuche.
- Zur Festlegung ergänzender nicht wesentlicher Vorschriften sollten der Kommission nach Artikel 290 AEUV die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten bezüglich der Ermittlung von Familienangehörigen, Geschwistern oder Verwandten eines unbegleiteten Minderjährigen; der Kriterien für die Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung; die Kriterien, die zur Bewertung der Fähigkeit zur Sorge für einen unbegleiteten Minderjährigen durch einen Verwandten zu berücksichtigen sind, einschließlich der Fälle, in welchem sich Familienangehörige, Geschwister oder Verwandte des unbegleiteten Minderjährigen in mehr als einem Mitgliedstaat aufhalten; der Elemente für die Bewertung eines Abhängigkeitsverhältnisses; der Bedingungen zur Bewertung der Fähigkeit der Aufnahme einer abhängigen Person durch eine Person sowie der Merkmale die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, übertragen werden. Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte geht die Kommission nicht über den in Artikel 6 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehenen Umfang des Wohl des Kindes hinaus. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte sollte die Kommission eine gleichzeitige, zügige und angemessene Weiterleitung einschlägiger Dokumente an das Europäische Parlament und an den Rat gewährleisten.
- Bei der Anwendung dieser Verordnung, einschließlich der Vorbereitung delegierter Rechtsakte, sollte die Kommission Sachverständige aus unter anderem allen einschlägigen nationalen Behörden konsultieren
- Detaillierte Bestimmungen zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 wurden im Wege der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 festgelegt. Aus Gründen der Klarheit oder weil sie einem allgemeinen Zweck dienen können, sollten einige Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 in diese Verordnung übernommen werden. Für die Mitgliedstaaten und die Antragsteller ist es gleichermaßen wichtig, dass es ein allgemeines Verfahren zur Lösung von Fällen gibt, in denen die Mitgliedstaaten die Verordnung unterschiedlich anwenden. Es ist daher gerechtfertigt, das in der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vorgesehene Verfahren zur Schlichtung von Streitigkeiten, die die humanitäre Klausel betreffen, in diese Verordnung zu übernehmen und auf den Regelungsgegenstand dieser Verordnung insgesamt auszudehnen.
- Um die Anwendung dieser Verordnung wirksam überwachen zu können, bedarf es einer regelmäßigen Bewertung.
- Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Diese Verordnung zielt insbesondere darauf ab, sowohl die uneingeschränkte Wahrung des in Artikel 18 der Charta verankerten Rechts auf Asyl als auch die in ihren Artikeln 1, 4, 7, 24 und 47 anerkannten Rechte zu gewährleisten. Diese Verordnung sollte daher in diesem Sinne angewandt werden.
- Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser in einem Mitgliedstaat gestellt hat, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- Gemäß Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.
- Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: